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Patent- und Urheberrecht

Freie Software

Der Richtlinienentwurf der EU-Kommission

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Diese Webseite im ZDF-heute-Journal

In dem Beitrag Urheberrecht im Internet war am 6.7.2004 unter anderem auch diese Webseite, http://patinfo.ffii.org, kurz zu sehen.

Eigentlich ging es in dem Beitrag um das illegale Kopieren von Software, Musik und Filmen ("Datenpiraterie"), das von vielen als Kavaliersdelikt angesehen wird. Mit dem Antiblockiersystem (ABS) als Beispiel erfolgte dann die Überleitung zu Software-Patenten.

Zu diesem Thema äußerte sich Frau Zypries, Bundesministerin der Justiz, wie folgt:

"Es geht um die Frage, wie Software, die mit Technik verbunden ist, geschützt wird. Das ist das Thema, das wir auf europäischer Ebene zur Zeit verhandeln. Und wir meinen, daß ein gewisser Schutz notwendig ist."

Diese Worte stehen in krassem Widerspruch zu den Taten von Frau Zypries. Am 24.9.2003 hat das EU-Parlament in erster Lesung einen Richtlinienentwurf verabschiedet, der genau die Verbindung mit Technik als Patentierbarkeitsbedingung festschreiben will. Frau Zypries hingegen setzt sich vehement gegen diesen Parlamentsbeschluß ein und versucht stattdessen, den Richtlinienentwurf des EU-Ministerrats durchzusetzen - und damit eine unbegrenzte Ausweitung der Patentierbarkeit nach US-Vorbild.

(Siehe dazu auch den Artikel von Frau Zypries bei c't aktuell, unsere Antwort sowie den Heise-Online-Chat vom 28.5.2004.)

Als nächstes kam Herr von Pierer, Vorstandsvorsitzender der Siemens-AG, zu Wort:

"Für uns ist es von ganz entscheidender Bedeutung, daß das, was diese Software-Ingenieure erarbeiten und was natürlich eine gewisse Erfindungshöhe haben muß, daß das auch patentierfähig ist und geschützt wird gegen andere, die eben nur nachahmen."

Zur Illustration der "Schutzwürdigkeit" der von Herrn von Pierer angeführten "Erfindungen" hier ein paar typische Beispiele für bereits erteilte EU-Software-Patente:

  • Fortschrittsbalken
  • Dialoge in Form von Karteikarten mit Reitern
  • Tabellen spaltenweise bearbeiten
  • Abspeichern von E-Mail
  • (Weitere Beispiele)
Sollten sich Frau Zypries und Herr von Pierer gegen das EU-Parlament durchsetzen, werden ca. 30000 Software-Patente von diesem Typ auf einen Schlag rechtlich durchsetzbar. Es ist absolut unmöglich, irgendeine Software zu entwickeln, ohne diese Patente zu verletzen. Jeder kleinere Software-Entwickler würde damit in eine Abhängigkeit von den Patentinhaber-Firmen ab der Größe der Siemens-AG gestürzt, von denen übrigens drei Viertel außerhalb der EU angesiedelt sind.

Mit den Worten

Doch es gibt eine starke Gegenbewegung. Sie fordert eine frei zugängliche Software für alle. Jeder soll Computerprogramme unbegrenzt weiterentwickeln können.
wurden nun einige Seiten des FFII, darunter auch http://patinfo.ffii.org, kurz eingeblendet.

Diese Darstellung unserer Forderungen ist falsch!

Wir fordern, daß das Recht, Software zu schreiben und zu benutzen in Europa erhalten bleibt. Wir fordern, daß der EU-Parlamentsbeschluß vom 24.9.2003 umgesetzt wird, und wir wehren uns gegen den Gegenentwurf von Frau Zypries und dem EU-Ministerat, der den europäischen Mittelstand in eine Abhängigkeit von Unternehmen in den USA und Japan stürzen würde.

Wir sind keine Raubkopierer, sondern wir entwickeln die Software!

Weiter hieß es im ZDF-heute-Journal:

Der Kanzler hält dagegen: "Ohne den nachhaltigen Schutz des geistigen Eigentums wären die Unternehmen zum einen gezwungen, ihre Erfindungen möglichst lange geheimzuhalten wenn sie erfolgreich sein wollten, zum anderen müßten sie aus ökonomischen Gründen ihre Forschungs- und Entwicklungstätigkeit auf wenige Gebiete konzentrieren."

Dies trifft auf Software-Entwicklung nicht zu! Wir Software-Unternehmer blicken auf jahrzehntelange gute Erfahrungen mit dem Urheberrecht zurück. Patente hingegen sind als Investitionsschutz für Software vollkommen ungeeignet:

  • Patente müssen beantragt und genehmigt werden. Das Verfahren dauert oft Jahre - und damit länger als ein typischer Software-Produktzyklus.
  • Patente kosten mehrere 10000 Euro und sind damit für die innovativen kleinen und mittelgroßen Software-Unternehmen unbezahlbar.
  • Großkonzerne in den USA und Japan verfügen über riesige Patentportfolios, die jeder, der Software entwickelt, unweigerlich verletzt. Mittels Kreuzlizensierung können diese Unternehmen jeden "Schutz" einer patentwürdigen "Erfindung" eines kleineren Unternehmens aushebeln.
Was die Veröffentlichung von Software-Innovationen betrifft, so hat auch diese bisher hervorragend auf Grundlage des Urheberrechts - ohne "Schutz" durch Patente - funktioniert. Das Urheberrecht erlaubt sogar die Existenz von Freier Software (Open Source) - einem Lizensierungsmodell, bei dem der Autor die Software sogar tatsächlich für alle frei zugänglich macht. Software-Patente hingegen erlauben keine Koexistenz mit Freier Software, sondern sie können dazu eingesetzt werden, Freie Software komplett wieder vom Markt zu entfernen.

Der Beitrag schließt mit den Worten:

Für viele ist die Freiheit im Computer wohl grenzenlos, doch die hat ihren Preis: Der Schaden durch Raubkopien und geklaute Ideen geht bereits in die Milliarden.

Ich betrachte es durchaus nicht als eine "geklaute Idee", wenn z.B. in meiner Software ein Fortschrittsbalken anzeigt, wie weit eine komplizierte Berechnung bereits fortgeschritten ist.

Sollten sich jedoch Zypries, von Pierer und Schröder gegen das EU-Parlament durchsetzen und Software-Patente nach US-Vorbild in der EU einführen, kann jede Firma, die ihre Software mit einem Fortschrittsbalken ausstattet, Dialoge in Form von Karteikarten mit Reitern verwendet, Tabellen spaltenweise bearbeitet, E-Mail abspeichert oder ein anderes der 30000 EU-Software-Patente verletzt, jederzeit von einem amerikanischen oder japanischen Großkonzern verklagt werden.

Welchen Schaden die europäische Wirtschaft dadurch nehmen wird, möge sich jeder selbst ausrechnen.

Für weitere Kommentare zu dieser Sendung siehe: http://kwiki.ffii.org/index.cgi?Heute040706De